Im Jahre 2003 startet der Frankfurter Filmemacher Martin Keßler (bekannt durch zahlreiche Reportagen / Dokumentationen u.a. für ARD / ZDF / ARTE / WDR) das dokumentarische Langzeitprojekt „neueWUT“. Keßler und sein Team begleiten „einfache Demonstranten“ und sogenannte „Rädelsführer“ verschiedener Protestwellen. Die Arbeitslosen Barbara Willmann und Andreas Ehrholdt oder den Opelarbeiter Paul Fröhlich. Und auf der anderen Seite der Barrikade: u.a. Gerhard Schröder, Wolfgang Clement oder Roland Koch. Und Martin Keßler und sein Team fragen: Woher kommt diese Wut, die die Menschen auf die Straße treibt? Lange bevor die „mainstream-Medien“ den sogenannten „Wutbürger“ für sich entdeckt haben.
Als erster Film entsteht „neueWUT“ (90 min, 2005). Über die Proteste gegen Hartz IV und die Agenda 2010, die schließlich zum Ende der Regierung Schröder und zum Entstehen der Linkspartei führen. Der Film „neueWUT“ wird ab Sommer 2005 auf über 200 Veranstaltungen gezeigt und findet ein überwältigendes Medienecho (siehe Pressearchiv). Im öffentlich – rechtlichen Fernsehen jedoch wird er nicht gesendet– aus politischen Gründen. Dafür haben ihn inzwischen „Haupt – und Staatsarchive“ in ihre Bestände übernommen – als historisches Zeitdokument.
Der Film „neueWUT“ wird zum Startschuss für eine ganze Reihe: 2006 folgt der Dokumentarfilm „Kick it like Frankreich – der Aufstand der Studenten“ (60 min) über den Kampf gegen Studiengebühren. 2007 „Das war der Gipfel“ (80 min) über den G 8 – Gipfel Heiligendamm.
Auf diese erste „neueWUT“ – Staffel folgt 2009 die Langzeitbeobachtung »KRISEN-SPLITTER« : eine Mischung aus aktuellen „Momentaufnahmen“ und Reportagen zur Wirtschafts- und Finanzkrise. Und den sozialen Protesten, die sie hervorruft. Bis 2015 entstehen in dieser Reihe 12 Filme / Videos : u.a. über die spanischen „Indignados“ und die „Occupy“- und „Blockupy“ – Bewegung.
Ende 2008 beginnen Martin Keßler und sein Team mit den Dreharbeiten zu dem Dokumentarfilm „Eine andere Welt ist möglich – Kampf um Amazonien“ (93 min, 2009). Damit starten sie eine weitere Langzeitbeobachtung: „Count Down am Xingu / Tapajos“. Die weltweit einzigartige Dokumentation des Widerstandes gegen den Großstaudamm „Belo Monte“ in Amazonien. „Strom für den wirtschaftlichen Aufstieg Brasiliens. Und den Rohstoffhunger der Welt“ – so lautet die offizielle Rechtfertigung des Megaprojektes. Doch vor allem geht es um milliardenschwere „Extraprofite“ für Baufirmen und Politiker.
„Das ist eine kriminelle Vereinigung“, sagt der katholischen Bischof von Altamira, Erwin Kräutler. Und verweist auf den aktuellen „Petrobras- Skandal“. Auch europäische Weltfirmen wie Siemens, Andritz oder Norsk Hydro wollen kräftig verdienen. Indem sie Turbinen bauen oder Bauxit zu Aluminium verhütten.
150 Staudämme sollen im Amazonasgebiet neu gebaut werden. Dafür will man Hunderttausende Hektar Urwald roden, Indigene und Flussbauern vertreiben. Doch die leisten weiter Widerstand. Obwohl am Xingu der Staudamm „Belo Monte“ bereits zur über der Hälfte fertig gestellt ist und am Fluß Tapajos mit dem Bau acht weiterer Großstaudämme begonnen werden soll. In der Reihe „Count Down am Xingu / Tapajos“ sind bis 2015 sechs Dokumentarfilme erschienen.
Unter dem Label „neueWUT“ sind zwei weitere Dokumentarfilme herausgekommen: „Ernesto alias Ernst“ (I u. II) über den NS – Widerstandskämpfer und Globalisierungskritiker Ernesto Kroch.
Im Mai 2015 konnten wir gemeinsam mit unseren Förderern „10 Jahre neueWUT“ feiern – mit einer großen Retrospektive im Frankfurter „Naxos – Kino“. Und wir setzen unsere Langzeitbeobachtungen fort – vorausgesetzt wir finden auch weiterhin ausreichend Unterstützung bei Stiftungen und unseren ZuschauerInnen (Siehe unseren Spendenaufruf auf dieser Webseite). Dabei haben wir auch weiterhin eine zentrale Frage im Hinterkopf: handelt es sich bei den verschiedenen Protestwellen bereits um eine neue soziale Bewegung – für den Erhalt des Sozialen, gegen den blanken „Terror der Ökonomie“, für eine gerechte Globalisierung? Oder nur um letzte Gefechte zur Verteidigung von Sozialstaat, Demokratie und Umwelt – gegen einen immer zerstörerischen Finanzkapitalismus?